In der Nachkriegszeit sind mehr als 200 NATO-Soldaten von Westdeutschland aus in die DDR desertiert, darunter mehr als 70 amerikanische G.I.s, unter ihnen eine Handvoll schwarzer Soldaten. Einige waren überzeugte Kommunisten, manche hatten etwas ausgefressen, andere wollten nicht in den Korea- oder Vietnam-Krieg. Bei schwarzen Soldaten spielte oft die Liebe eine Rolle, weil sie mit ihrer weißen Freundin in den USA nicht zusammenleben konnten. Jeder desertierte NATO-Soldat wurde in der DDR als Sieg des Fortschritts über den kapitalistischen Westen empfangen. Die Deserteure wurden zunächst in Bautzen von der Stasi auf Herz und Nieren geprüft, danach erhielten sie eine Wohnung in Bautzen und Umgebung, und einen Arbeitsplatz.
Wir erzählen die Geschichte der G.I.s in der DDR anhand von vier Deserteuren:
- Stephen Wechsler aus New York ist in einer kommunistischen Familie aufgewachsen. floh über Graz in die DDR. Dort nannte er sich seither Victor Grossman, studierte Journalismus in Leipzig und wurde DER USA-Experte in der DDR.
- Der schwarze Soldat James W. Pulley wurde ein bekannter Schlagerstar in der DDR. James gab der Unterhaltungsbranche eine exotische Note, er coverte gerne Harry-Belafonte-Stücke oder Musicals und trat häufig zusammen mit Dagmar Frederic auf. Sehnsucht nach den USA kam bei ihm nicht auf. „Dort wäre ich ein schwarzer Sänger von vielen gewesen, in der DDR war ich der einzige“, sagte er gerne.
- Der schwarze G.I. Jack Hillie floh zusammen mit seiner Freundin Charlotte in die DDR und heiratete sie. Charlotte Hillie wurde zur Grenzgängerin zwischen Ost und West. Die USA wollten, dass sie Jack dazu bringt, wieder zurück in den Westen zu kommen, die Stasi wollte von ihr wissen, was sie über die amerikanischen Soldaten weiß. Beide Seiten bezahlten ihre Dienste gut. Jack trat bei Propagandaveranstaltungen und später in DEFA-Spielfilmen auf.
- Raymond Hutto floh als schwarzer G.I. 1953 mit seiner schwangeren Freundin Sieghilt in die DDR. „Die Leute mögen es nicht, wenn ein Farbiger eine Weiße heiratet. Ich hätte sie in Berlin zurücklassen müssen“, schrieb er in seinem Lebenslauf. Seine Tochter Mira ist heute 34 Jahre alt und möchte Film studieren. Sie ist dabei, die Geschichte ihres Vaters für einen Spielfilm zu recherchieren. Mira ist der rote Faden des Films. Wir begleiten sie bei ihrer Recherche im Stasi-Unterlagenarchiv, wenn sie ihren Halbbruder Norman in Bautzen besucht, oder den Buchautor Peter Köpf trifft, der zu diesem Thema gearbeitet hat, um mehr über ihren Vater zu erfahren.
Der Film beleuchtet eine bislang kaum bekannte Facette deutsch-amerikanischer Beziehungen und wirft eine ungewöhliche Frage auf: Was war in den 50er Jahren für manche amerikanische Soldaten das Land der Freiheit – die USA oder vielleicht gar die DDR...?
RIAS Grand Prize 2024
Erstausstrahlung
absofort in www.ardmediathek.de
Eine Produktion von
BehringFilm & KlotzMedia, Freiburg, im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks
Ein Film von
Sigrid Faltin
Jahr
2023
Länge
45 Min.
Team
Autorin: Sigrid Faltin
Kamera: Ingo Behring
Postproduktion: Mark Klotz
Schnittassistenz: Timo Vögele
Musik: Andreas Radzuweit
Produktionsleitung: Regina Weise, Evelyn Wenzel (MDR)
Redaktion: Alexander Roth, Nora Große Harmann
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